EU Resettlement Framework: Inhalte und Reaktionen
Auf EU-Ebene wird das Thema Resettlement immer bedeutender. Im Juli 2016 hat die Europäische Kommission nun einen Verordnungsentwurf für ein gemeinsames Resettlement-Programm vorgelegt, das sogenannte EU Resettlement Framework. UNHCR und NGOs haben sich jetzt dazu geäußert.
Bereits im März 2012 hatte die EU ein gemeinsames Resettlement-Programm verabschiedet. Dieses Programm hatte rechtlich jedoch keine bindende Wirkung und stellte Resettlement-Aufnahmen in der EU auf eine freiwillige Basis. Am 13. Juli 2016 legte die Europäische Kommission nun einen Vorschlag zur weiteren Strukturierung, Harmonisierung und Verstetigung von Resettlement in der EU, im Rahmen einer EU-Verordnung, vor. Die Entscheidung über die Höhe der jährlich aufgenommenen Personen soll laut Vorschlag weiterhin bei den Mitgliedsstaaten verbleiben. Durch den Rat soll jedoch eine maximale Anzahl von in der EU aufzunehmenden Personen festgelegt werden. Ziele des Vorschlags sind es laut Kommission, sichere und legale Einreisen für Schutzbedürftige in die EU zu schaffen, irreguläre Einreisen in die EU zumindern und einen gemeinsamen Beitrag für Resettlement in globalem Maßstab zu leisten.
Kommission schlägt Veränderungen bei Aufnahmekriterien und Auswahl der Drittstaaten vor
Die Kommission schlägt in ihrem Verordnungsentwurf mehrere Elemente vor, welche das durch UNHCR über viele Jahre etablierte Resettlement-Verfahren verändern würden. Dies betrifft insbesondere das Thema, aus welchen Zufluchtsstaaten (Drittstaaten) Personen über Resettlement aufgenommen werden sollen. Laut Kommissions-Entwurf sollen hierzu verschiedene Faktoren herangezogen werden. Als bedeutender Faktor wird die Kooperationsbereitschaft der Drittstaaten mit der Union im Bereich von Migration und Asyl genannt.
Über 22.000 Resettlement-Plätze stellt die EU im Jahr 2016 und 2017. Foto: UNHCR/Elena Dorfman
Diese Kooperationsbereitschaft bezieht sich laut Vorschlag auf die Bemühungen des Drittstaates, irreguläre Grenzübertritte in die EU zu reduzieren, auf den Abschluss von Rückübernahmeabkommen, auf die Verbesserung und Erweiterung der Aufnahmekapazitäten der Drittstaaten und auf den Aufbau eigener effektiver Asylsysteme. Eine weitere Veränderung des bisher etablierten Verfahrens wäre der Vorschlag der Kommission, nicht nur Menschen in der EU neu anzusiedeln, die sich in einem Drittstaat befinden, sondern auch Binnenflüchtlinge, die innerhalb ihres Herkunftslandes vertrieben wurden.
Hinsichtlich der Kriterien, die bestimmen, welche Personen für ein Resettlement-Verfahren in Frage kommen, orientiert sich der Verordnungsentwurf überwiegend an den acht Kriterien des UNHCR, ergänzt diese jedoch um das Kriterium der „sozio-ökonomischen Vulnerabilität“, das nicht genauer definiert wird. Zudem sollen auch familiäre Bindungen in den Aufnahmestaat prioritär berücksichtigt werden. Hierunter werden im Vorschlag auch Ehegatten und minderjährige Kinder genannt. Des Weiteren sollen auch soziale und kulturelle Verbindungen in den Aufnahmestaat, die integrationsförderlich seien, als Aufnahmekriterium berücksichtigt werden.
Orientierung an EU-Türkei-Erklärung wird deutlich
Als Ausschlussgründe für eine Aufnahme nennt der Vorschlag unter anderem die tatsächliche oder versuchte irreguläre Einreise in die EU. Ausgeschlossen von einer Aufnahme sollen zudem Personen sein, die innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren von einem anderen Mitgliedstaat zur Aufnahme abgelehnt wurden. Der Vorschlag der Kommission enthält außerdem ein gewöhnliches Verfahren und ein Eilverfahren. Im gewöhnlichen Verfahren steht den Personen vor der Aufnahme ein Flüchtlingsstatus oder ein subsidiärer Schutzstatus zu. Das Eilverfahren kann im Falle spezifischer dringender humanitärer Anlässe umgesetzt werden und orientiert sich an den bereits beschlossenen Verfahren im Rahmen der EU-Türkei-Erklärung. Beim Eilverfahren sollte bei Aufnahme nur ein subsidiärer Schutzstatus feststehen. Die Flüchtlingseigenschaft sollte dann nach Aufnahme geprüft werden.
Besonders mit dem Vorschlag, die effektive Kooperation der Drittländer mit der Union im Bereich von Migration und Asyl als Bedingung für Resettlement festzulegen, schlägt die EU neue Wege ein. Der Vorschlag orientiert sich damit zu Teilen an der EU-Türkei-Erklärung. Hiernach soll die Türkei alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um illegale Grenzübertritte in die EU in Zukunft zu verhindern, gleichzeitig wird Resettlement aus der Türkei durchgeführt.
Scharfe Kritik von NGOs an den Vorschlägen der Kommission
Lebenssituation von Flüchtlingen im Libanon. Der Bedarf an Resettlement ist hier besonders hoch. Foto: UNHCR/Jordi Matas
Viele NGOs kritisierten den Kommissions-Entwurf scharf. Amnesty International bezeichnete den Entwurf als „zynischen Versuch, die Mauern der Festung Europa zu stärken“. Resettlement würde durch den Vorschlag der Kommission zu einem Instrument der Migrationskontrolle, anstatt eine Unterstützung für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge zu bieten. Ähnlich äußerten sich ECRE, Caritas Europa, CCME, ICMC Europe, IRC und das europäische DRK-Büro in einer gemeinsamen Stellungnahme. Sie riefen dazu auf, den humanitären Kerngedanken von Resettlement zu wahren. Der Vorschlag vermische verschiedene Instrumente des legalen Zugangs und berge damit die Gefahr, die Qualität existierender Resettlement-Verfahren und anderer Zugangswege, wie des Familiennachzugs, zu vermindern.
In einer Anhörung des LIBE-Ausschusses des Europäischen Parlaments begrüßte UNHCR grundsätzlich die Initiative der Europäischen Kommission. Emad Aziz Sedrak, Senior Resettlement Officer des UNHCR, betonte jedoch ebenfalls, dass Resettlement ein Schutzinstrument und kein Instrument des Migrationsmanagements sei. Zudem wies er auf den jährlich von UNHCR veröffentlichten Global Resettlement Needs Report hin. Dieser bestimme, für welche Gruppen, in welchen Ländern eine Aufnahme besonders dringend sei. Bei der Festlegung von Ländern, aus denen Resettlement stattfinde, sollte sich die EU vorrangig an dieser Bedarfsfeststellung orientieren. UNHCR begrüße zwar die Unterscheidung in ein reguläres Verfahren und ein Schnellverfahren, es gäbe jedoch keinen Grund, das beschleunigte Verfahren mit einem schlechter gestellten Status zu verbinden. Zudem wies er auf die jahrzehntelange Erfahrung von UNHCR in der Umsetzung von Resettlement hin und rief dazu auf, bereits existierende Strukturen weiterzuentwickeln, statt neue aufzubauen. Als nächsten legislativen Schritt wird der LIBE-Ausschuss einen Bericht zum Verordnungsentwurf vorlegen.