Forderungen an Verpflichtungsgeber bei Landesaufnahmeprogrammen zunächst ausgesetzt
Foto: UNHCR/Gordon Welters
In der Frage um die Rückforderungen von Behörden an Personen, die Verpflichtungserklärungen im Rahmen von Landesaufnahmeprogrammen (§ 23 I AufenthG) für Menschen aus Syrien abgegeben haben, hat das Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) in einem Erlass vom 16.03.2018 die vorläufige Aussetzung und Vollstreckung dieser Regressforderungen verfügt.
Damit ist die bislang gültige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes (Urt. v. 26. 01.2017, Az. 1 C 10.16) zunächst entkräftet. Dieses Urteil hatte besagt, dass die Verpflichtung auch nach Anerkennung als Asylbewerber bzw. Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bestehen bleibt und Klarheit in die bis dahin sehr unterschiedlichen Rechtsprechungen gebracht.
In seinem Erlass nimmt das BMAS zur Kenntnis, dass Verpflichtungsgeber durch die Rückforderungen z.T. äußerst hohe finanzielle Belastungen erfahren und aktuell bei den Gerichten sehr viele Klagen anhängig seien. Außerdem habe die Begrenzung der Verpflichtungserklärung auf fünf Jahre, in Altfällen auf drei Jahre, nicht die „ gewünschte Beruhigung gebracht“ (Erlass, S. 1). Ebenfalls setzten sich die Innenminister von Niedersachsen und Hessen auf Bundesebene für eine Lösung zu Gunsten der Verpflichtungsgeber ein und erreichten in Gesprächen mit dem BMAS, dem BMI und dem Bundeskanzleramt den vorliegenden Erlass:
„Erstattungsforderungen gegen Verpflichtungsgeber werden fristwahrend gesetzt, jedoch zunächst befristet niedergeschlagen, so dass keine Vollstreckung erfolgt. Hintergrund ist der Wunsch, zunächst rechtliche Klärungen abwarten zu wollen (…).“ (Erlass, S. 2)
Dies bedeutet, dass weitere Rückforderungsansprüche geprüft und ggf. festgesetzt werden. Bis zu einer neuen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts werden diese alten und neuen Ansprüche allerdings nicht durchgesetzt. Bereits von Verpflichtungsgebern beglichene Forderungen werden bis zum endgültigen Urteil ebenfalls nicht zurückerstattet.
Unterdessen hat das VG Hannover in einem landesweit ersten Urteil (v. 27.04.2018, Az. 12 A 60/17) nicht zugunsten der Behörden entschieden, sondern verfügt, dass ein Mann, der für eine aus Syrien geflüchtete Frau eine Verpflichtungserklärung abgegeben hatte, nicht für die erhaltenen Sozialleistungen aufkommen muss. Laut dem Urteil endet seine Verpflichtungserklärung mit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für die Frau.
„Das Hannoveraner Gericht legte die Erklärung anhand eines Erlasses des Innenministeriums an die Ausländerbehörden aus. Darin war man von einer Befristung ausgegangen. Damit fiel das Urteil anders als die höchstrichterliche Rechtsprechung aus.“
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