Jordanien

Das haschemitische Königreich Jordanien ist seit 1946 unabhängig und wird im Rahmen einer konstitutionellen Erbmonarchie seit 1999 durch König Abdullah II regiert. Obwohl es interne Konflikte gibt, die wirtschaftliche Situation schlecht ist und das Land viele Grenzen zu Konfliktregionen hat, ist es derzeit das stabilste Land der Region. Es zeichnet sich durch eine hohe religiöse Homogenität aus: 97% sind Muslime, 2% Christen und nur 1% gehört weiteren Religionen an.

Der Wüstenstaat Jordanien ist eine der kleinsten Volkswirtschaften im arabischen Raum und ist aufgrund der Wassernot und weniger verfügbarer Rohstoffe von Wasser- und Energieimporten abhängig. Ebenso besteht eine hohe Abhängigkeit von internationalen Finanzhilfen. Durch die wirtschaftliche Situation ist die Arbeitslosigkeit in Jordanien hoch.

Jordanien hat als Erstzufluchtsland weltweit den zweitgrößten Anteil an Geflüchteten pro Kopf aufgenommen. Von den etwa 10 Millionen EinwohnerInnen Jordaniens sind 746.844 Menschen als Flüchtlinge bei UNHCR registriert. Davon kommen 656.501 (87.9%) aus Syrien, 67.110 aus dem Irak, 14.776 aus Jemen, 6.086 aus dem Sudan und 744 aus Somalia. 1.627 Menschen kommen aus anderen Herkunftsländern. Unter den Geflüchteten in Jordanien sind insgesamt 57 Nationalitäten vertreten. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die tatsächlichen Zahlen deutlich höher liegen. Die jordanische Regierung geht davon aus, dass etwa 1,3 Millionen SyrerInnen in Jordanien leben. So kommen zu den Zahlen von UNHCR noch diejenigen SyrerInnen hinzu, die bereits vor dem Krieg in dem Land lebten. Zudem gibt es auch viele Personen, die nicht bei UNHCR registriert sind.

Die allgemeine Ressourcenknappheit wurde durch den Bevölkerungszuwachs der Geflüchteten weiter verschärft. So gibt es dadurch nicht nur einen verstärkten Wettbewerb um Arbeitsplätze, sondern beispielsweise auch um Unterkünfte.

Migrationsland Jordanien

Die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 wurde von Jordanien nicht unterzeichnet. Das bedeutet, dass Geflüchtete dort statt eines formellen Schutzstatus offiziell einen „Gast-Status“ haben.

Eine Absichtserklärung zwischen UNHCR und der jordanischen Regierung erlaubt UNHCR jedoch die Registrierung und Unterstützung von Flüchtlingen. Hierbei sind syrische Geflüchtete gegenüber den Geflüchteten anderer Nationalitäten privilegiert, da sie nach einer Registrierung bei UNHCR eine Identitätskarte des Innenministeriums erhalten, mit der sie Zugang zu bezuschusster Gesundheitsversorgung und staatlichen Bildungseinrichtungen erhalten. Diese Karte erleichtert zudem den Zugang zu finanzieller und Nahrungsmittelunterstützung durch UNHCR und seine Partnerorganisationen.

Die Lebensbedingungen der Geflüchteten sind häufig prekär und das Leben ist ein täglicher Kampf. Der Alltag ist gekennzeichnet von Hoffnungslosigkeit, Frustration und mangelnden Perspektiven. 78% der syrischen Flüchtlinge leben unterhalb der jordanischen Armutsgrenze.

Wie auch die Gesamtbevölkerung lebt der überwiegende Teil der Geflüchteten in den Städten, insbesondere in der Hauptstadt Amman und in den grenznahen Städten im Norden des Landes. Lediglich 16,6% der Geflüchteten leben in den offiziellen Flüchtlingscamps – die drei größten sind Zaatari, Azraq und das Emirati Jordanian Camp. Geflüchtete berichten, dass sie sich aufgrund der dort bestehenden Ausgangsbeschränkungen wie im Gefängnis fühlen. Im Gegensatz zu den Geflüchteten, die im urbanen Raum leben, profitieren sie jedoch von den Unterstützungsmöglichkeiten und Hilfsangeboten dort.

Die meisten der syrischen Geflüchteten sind bereits seit mehreren Jahren in Jordanien – dem größten Zuwachs an syrischen Geflüchteten sah sich das Land in den Jahren 2012-2014 gegenüber.

Durch die lang andauernde Fluchtsituation müssen sich viele Geflüchtete verschulden. Vorhandene Ersparnisse werden aufgebraucht und Wertgegenstände verkauft. Viele der Geflüchteten nehmen Schulden bei ihren Familien, Freunden oder Nachbarn auf, um den täglichen Bedarf decken zu können. Die Verschuldung führt teilweise zu Inhaftierungen oder Zwangsräumungen, wenn die Miete nicht bezahlt werden kann.

Für die Geflüchteten entsteht dadurch eine hohe Abhängigkeit von Nahrungsmittel- und Mietbeihilfen. So gibt es Unterstützungsprogramme durch das Welternährungsprogramm (WFP) und auch UNHCR, die aber nur einer begrenzten Anzahl an Personen zugutekommen kann. UNHCR und WFP stellen eine Bargeld-Unterstützung für 30.000 besonders vulnerable Familien zur Verfügung. Weitere 10.000 Familien sind derzeit auf der Warteliste.

Auch der Zugang zum Arbeitsmarkt, um das Einkommen zu sichern, ist sehr beschränkt. Viele der Geflüchteten besitzen keine Arbeitserlaubnis und werden so in illegale Arbeiten im Niedriglohnsektor gedrängt, in denen sie ausgebeutet werden. Bei Kontrollen durch die jordanischen Behörden besteht die Gefahr der Ausweisung aus dem Land. Zudem handelt es sich oftmals um nur temporäre oder saisonale Arbeitsgelegenheiten. Der dadurch sehr geringe Verdienst reicht bei weitem nicht aus, um die hohen Lebenshaltungskosten in Jordanien decken zu können. SyrerIinnen dürfen nur in wenigen Sektoren arbeiten. Dazu zählen das Baugewerbe, Landwirtschaft, Produktion und Dienstleistungen. Für höher qualifizierte Personen ist es nicht möglich, eine Arbeit entsprechend ihrer Qualifikation zu finden. Besonders schwierig ist dies, da der Mindestlohn in den genannten Branchen für AusländerInnen nicht gilt. SyrerInnen können zum halben Gehalt eingestellt werden und konkurrieren somit stark um die Arbeitsplätze mit den jordanischen EinwohnerInnen.

Etwa die Hälfte der syrischen Geflüchteten haben Gesundheitsprobleme und benötigen eine entsprechende Behandlung. In staatlichen Gesundheitseinrichtungen tragen syrische Geflüchtete 20% der Behandlungskosten, während der Anteil für nicht-syrische Geflüchtete bei über 80% liegt. Bei medizinischen Notfällen kann UNHCR die Kosten übernehmen. Vor allem chronische Krankheiten stellen jedoch für die Geflüchteten eine hohe finanzielle Belastung dar, wenn regelmäßige Untersuchungen und Medikamente notwendig sind.

Fast die Hälfte der Flüchtlinge in Jordanien ist jünger als 18 Jahre alt. Sie haben eigentlich ein Recht auf einen Schulplatz, jedoch sind die Schulen stark überlastet. Hinzu kommt, dass sich es viele Familien aufgrund der Kosten für Transportmittel und Schulmaterial nicht leisten können, ihre Kinder in die Schulen zu schicken. Viele der Kinder gehen daher nicht zur Schule und haben daher auf diesem Wege keine Chance auf Bildung und soziale Kontakte. Sie sind entweder zu Hause oder aufgrund der wirtschaftlichen Situation gezwungen, arbeiten zu gehen. Möglichkeiten zu weiterführender Bildung sind kaum vorhanden.

Resettlement aus Jordanien

Die prekären Lebensbedingungen führen zu mangelnden Perspektiven für die Zukunft. Auch eine Aussicht auf eine Rückkehr in das Herkunftsland besteht für die vielen Geflüchteten nicht. Dementsprechend ist der Bedarf an Resettlementplätzen unter den Geflüchteten in Jordanien hoch.

Von den bei UNHCR registrierten Flüchtlingen besteht nach Angaben von UNHCR bei 10% ein Resettlementbedarf. Tatsächlich verlassen aber jährlich weniger als 1% der dort lebenden Flüchtlinge das Land, um ihr Leben in einem sicheren Drittstaat fortführen zu können.

In den Jahren 2018 und 2019 wurden insgesamt 10.607 Personen aus Jordanien in zur Aufnahme bereite Staaten umgesiedelt. Die meisten Personen wurden im Vereinigten Königreich und in Kanada aufgenommen. Beide Länder haben jeweils in 2018 und 2019 über 1.000 Menschen aus Jordanien aufgenommen. In der Vergangenheit wurde auch von den USA eine hohe Anzahl an Plätzen zur Verfügung gestellt, die aber in den letzten Jahren stark gesunken ist.

Deutschland hat seine ersten Resettlement-Erfahrungen mit Jordanien bereits im Jahr 2009 gemacht. 2009 wurden 335 und 2010 wurden 103 Personen mit irakischer Herkunft nach § 23 Abs. 2 AufenthG aufgenommen. Formell startete das Resettlement-Programm erst im Jahr 2012 in Deutschland. Bei UNHCR wurden aber bereits die Einreisen ab dem Jahr 2009 statistisch erfasst. Im Jahr 2019 wurden in Deutschland 363 Schutzberechtigte im Rahmen des Resettlementverfahrens aus Jordanien aufgenommen. Auch im Jahr 2020 sollen laut Aufnahmeanordnung wieder Personen aus Jordanien aufgenommen werden.

Quelle: https://rsq.unhcr.org/en/#T2fs

Für das Jahr 2020 rechnet UNHCR ursprünglich damit, dass 5.500 Personen in einen zur Aufnahme bereiten Staat umgesiedelt werden. Inwiefern diese Zahlen realisiert werden können, ist aufgrund der Corona-Pandemie derzeit nicht absehbar.

Migrationsgeschichte

Der Staat im Herzen des Nahen Ostens gilt als traditionelles Aufnahmeland und hat eine lange Migrationsgeschichte. Obwohl Jordanien die Genfer Flüchtlingskonvention nicht unterzeichnet hat, hat das Land im Laufe der Zeit bereits vielen Flüchtlingen Zuflucht gewährt. Heute stellen Flüchtlinge fast 30 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes, wobei PalästinenserInnen und SyrerInnen die größten Gruppen bilden.

Betrug die Einwohnerzahl Jordaniens Anfang der 1920er Jahre noch 230.00 Personen, so stieg sie bis 1947 bereits auf 400.000 Personen. In den folgenden Jahrzehnten wurde das Land zunehmend Ziel regionaler Bevölkerungsbewegungen und nahm unter anderem sowohl palästinensische als auch irakische und syrische Flüchtlinge auf.

In den Jahren 1948/1949 wurden beispielsweise 506.200 palästinensische Flüchtlinge aufgenommen. Weitere folgten in den Jahren 1967 und 1991. Heute sind ca. 60% der jordanischen Bevölkerung PalästinenserIinnen, von denen die Mehrheit mittlerweile die jordanische Staatsbürgerschaft innehat.

Später kamen vor allem in den Jahren 1991, 2003/2004 und auch 2014 Flüchtlinge aus dem Irak nach Jordanien. Seit März 2011 stiegen die Flüchtlingszahlen syrischer Flüchtlinge stetig.