Melou Garabett aus Syrien
„Ein Flüchtling, der arbeitet, ist kein Flüchtling mehr, sondern ein Kollege“
„Ich habe viel erlebt, ich war Bomben ausgesetzt und mein Leben war in Aleppo zwei Mal in Gefahr. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr, jetzt müssen wir eine Arbeit, einen Ausbildungs- oder Studienplatz finden“
sagt Melou Garabett. In nur zwei Jahren in Deutschland hat er viel geschafft. Melou Garabett spricht fließend Deutsch, hat mehrere Praktika absolviert und bereitet sich gerade mit einem Stipendium der Otto Benecke Stiftung auf eine Deutschprüfung vor, die er für ein Studium an deutschen Universitäten benötigt. Ehrenamtlich Engagierte haben ihm in seiner Anfangszeit in Deutschland am meisten unterstützt, sagt er. Nun hilft er Flüchtlingen nebenbei selbst als ehrenamtlicher Übersetzer bei Behördengängen und gibt seine eigenen Erfahrungen an neu eingereiste Resettlement-Flüchtlinge bei Austauschtreffen des Projekts ‚resettlement.de‘ weiter.
Mit einem Humanitären Aufnahmeprogramm der Bundesregierung (HAP) kam Melou Garabett 2014 nach Deutschland. Zuvor lebte er über ein Jahr im Libanon, wohin er aus seiner Heimatstadt Aleppo floh, nachdem er zur Armee hätte eingezogen werden sollen. Melou Garabett ist Diplom-Wirtschaftswissenschaftler, arbeitete in Syrien aber in der Werkstatt seines Vaters als Schweißer, da er als Wirtschaftswissenschaftler kaum Chancen auf einen Arbeitsplatz hatte. Nach der Zusage zur Aufnahme über das Bundesprogramm besuchte er einen Vorbereitungskurs der Internationalen Organisation für Migration (IOM). In dem viertägigen Kurs bekam er viele Informationen über das Leben in Deutschland. „Das war sehr nützlich“, sagt Melou Garabett,
„wir haben gelernt, wie man Müll in Deutschland trennt, aber auch, dass jeder seine Religion frei ausüben darf“.
Die Religionsfreiheit hat für ihn als armenischen Christen eine besondere Bedeutung. Allerdings sei der Kurs von einer Libanesin gehalten worden, die nie in Deutschland gewesen sei, sagt er, so habe es auch einige Fehlinformationen gegeben. Wichtig wäre für ihn vor der Abreise zudem gewesen, auch über die schwierigen Aspekte des Lebens in Deutschland mehr zu erfahren. Zum Beispiel, dass Deutschland je nach Region sehr unterschiedlich ist und dass geflüchtete Person in manchen Orten nur schwer eine Wohnung finden.
Nach seiner Ankunft in Deutschland wurde Melou Garabett nach dem zweiwöchigen Aufenthalt in der Erstaufnahme in Friedland einer süddeutschen Kleinstadt zugewiesen, wo er bis heute lebt. Der Anfang im Flüchtlingswohnheim sei sehr schwierig gewesen, die Unterkunft habe einem Gefängnis geähnelt. Zum Glück habe er schnell Kontakt zu einer ehrenamtlich aktiven Rentnerin gefunden, sagt Melou Garabett. Schlimm für viele Flüchtlinge ist, dass es oft sehr schwierig sei, Kontakt zu Deutschen aufzubauen, meint er, das liege vor allem auch an der Wohnsituation vieler Geflüchteter. Daher hat er sich schnellstmöglich um eine eigene Wohnung gekümmert.
„Ich habe sofort gelernt, was „2-Zimmer-Wohnung“ bedeutet“
erzählt er und lacht. Nachdem er den Integrationskurs absolviert hat, besuchte er den Orientierungskurs, in dem es Politik und Gesellschaft in Deutschland geht. „Politik, das ist mein Thema, ich habe den Kurs geliebt“, schwärmt Melou Garabett, „ich kenne jetzt alle Parteien und weiß, wie das politische System funktioniert.“ Mehr über die Gesetze in Deutschland zu erfahren, habe ihm sehr geholfen.
Mit der Migrationsberatung (MBE) hat Melou Garabett persönlich eher schlechte Erfahrungen gemacht, zum einen gebe es zu wenig Beraterinnen und Berater für Flüchtlinge, zum anderen sei die Beratung, gerade was das Finden von Arbeit in Deutschland anginge, häufig nicht an den Bedürfnissen der Flüchtlingen orientiert. Gerade die Arbeit ist für ihn aber der Schlüssel zur Anerkennung in der deutschen Gesellschaft:
„Ein Flüchtling, der arbeitet, ist kein Flüchtling mehr, sondern ein Kollege“
sagt Melou Garabett.