Mohammad Kharfan aus Syrien
„Meine Kinder haben in Syrien Schlimmes erlebt.“
In diesem und bereits im vergangenen Jahr war die Türkei das Land, das weltweit die größte absolute Zahl von Flüchtlingen aufnahm: 2,5 Millionen Menschen. Einer von ihnen war Mohammad Kharfan. Mit seiner Frau, den fünf Kindern, seiner kranken Mutter und weiteren Familienangehörigen lebte er die letzten sechs Monate in der Türkei, einige Stunden von Istanbul entfernt. Das Leben in der Türkei war für die Familie schwierig. Als Straßenverkäufer konnte Mohammad Kharfan, der Schriftsteller von Beruf ist, die Familie gerade so über Wasser halten. „In der Türkei gab es keine Möglichkeit für meine Kinder, die Schule regelmäßig zu besuchen“, berichtet er. Er sorgte sich auch um die Gesundheit seiner Kinder, „denn in Syrien haben sie Schlimmes erlebt“, sagt Mohammad Kharfan. In der Hoffnung, die Lebensumstände für sich und seine Familie zu verbessern, bewarb sich Mohammad Kharfan zunächst bei einem kanadischen Aufnahmeprogramm. Von den kanadischen Behörden wurde ihm mitgeteilt, dass er und seine Familie erst im Dezember hätten einreisen dürfen. Er beschloss daher, die Familie über den irregulären Weg nach Deutschland zu bringen und bezahlte eine hohe Summe an einen Schlepper.
„Wir warteten vier Tage und drei Nächte am Strand, doch niemand kam“,
berichtet Mohammad Kharfan. Die Schleuser hatten die Familie über den Tisch gezogen.
Fünf Monate nach dem gescheiterten Versuch der Flucht aus der Türkei bekam die Familie einen Anruf, dass sie für eine Aufnahme nach Deutschland vorsprechen könne. „Ich musste noch am selben Tag zur deutschen Botschaft nach Istanbul fahren“, berichtet Mohammad Kharfan. Nach seinen Gesprächen in der Botschaft bekam er noch am selben Tag einen Anruf. Er müsse schnellstmöglich verschiedene Papiere übersetzen lassen und diese erneut einreichen. Dies bedeutete für die Familie, dass sie erneut nach Istanbul reisen mussten, was sehr beschwerlich für die Familie war. 15 Tage nach den Auswahlgesprächen in der Botschaft kam die Zusage, dass er, seine Frau und seine Kinder nach Deutschland aufgenommen werden könnten. „Wir mussten uns sehr schnell für die Aufnahme entscheiden“, erzählt er, „es blieb gar nicht genug Zeit, alles gründlich mit meiner Frau zu besprechen.“ Im April 2016 reiste die Familie über das Resettlement-Programm nach Deutschland ein. Die Ausreise empfand die Familie als sehr stressig und belastend. Mohammad Kharfan musste seinen Bruder, dessen Familie und die kranke Mutter in der Türkei zurücklassen. Als er aber mit seinen Angehörigen im Flugzeug saß sagte er zu seiner Ehefrau „Das ist wie im Traum. Ich kann nicht glauben, dass wir nach Deutschland fliegen.“
Heute lebt Familie Kharfan in Niedersachsen. Anfangs unterstützten Ehrenamtliche die Familie. Leider sei der Kontakt weniger geworden, was Mohammad Kharfan sehr bedauert. Vor Ort, gäbe es viel zu wenige Dolmetschende, die ihn bei Behördengängen oder anderen Terminen unterstützten.
„Ich komme so immer wieder in Situationen, in denen ich Dinge, z.B. Verträge unterschreiben muss, die ich gar nicht richtig verstehe“,
kritisiert Mohammad Kharfan. Auch im Resettlement-Aufnahmeverfahren müssten mehr Dolmetschende zur Verfügung stehen, sagt er, sodass jeder Verfahrensschritt für Geflüchtete klar verständlich und transparent sei.