Was sind Landesaufnahmeprogramme?
Nach § 23 Absatz 1 AufenthG kann die oberste Behörde eines Bundeslandes aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen Deutschlands im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern bestimmten Ausländer_innen eine Aufenthaltserlaubnis erteilen. Die Landesaufnahmen stellen somit eine weitere sichere Möglichkeit der Einreise für schutzbedürftige Flüchtlinge dar. Auch hier gilt, dass die Kriterien für die Aufnahme durch Anordnungen und Erlasse konkretisiert werden. Folglich sind die Anforderungen an die Aufnahme in einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Generell lassen sich jedoch zwei unterschiedliche Formen der Landesaufnahmeprogramme unterscheiden: Landesaufnahmeprogramme mit Verpflichtungserklärung und solche ohne.
Nach der Empfehlung des UNHCR vor dem Hintergrund des Bürgerkrieges in Syrien, syrische Flüchtlinge nicht nur durch Resettlement, sondern auch durch andere Aufnahmeprogramme aufzunehmen, erteilte die Bundesregierung 2013 ihr erforderliches Einvernehmen im Rahmen des § 23 Abs. 1 AufenthG. Somit konnten die Bundesländer eigene Aufnahmeanordnungen für Familienangehörige von Syrer_innen erlassen; außer Bayern richteten alle Bundesländer eigene Landesaufnahmeprogramme ein. Diese ermöglichten den syrischen Flüchtlingen zu ihren Verwandten in Deutschland einzureisen. Fast alle Bundesländer ließen ihre Landesaufnahmeprogramme in den Folgejahren auslaufen.
Aktuell bestehen Aufnahmeprogramme für Familienangehörige von Syrer_innen (und im Falle von Berlin auch Iraker_innen) nur noch in Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen.
In Schleswig-Holstein besteht darüber hinaus ein Landesaufnahmeprogramm für Schutzbedürftige ohne verwandtschaftliche Bindung nach Deutschland.
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Foto: Caritas Friedland/Eva Lutter
Welche Bedingungen müssen für die Aufnahme über ein Landesaufnahmeprogramm erfüllt sein?
Wie für die humanitären Aufnahmeprogramme des Bundes gibt es auch für die humanitären Aufnahmeprogramme der Länder keine allgemeingültigen Kriterien und Verfahrensabläufe. Den Landesaufnahmeprogrammen liegt in der Regel ein beschleunigtes Verfahren nach § 23 Abs. 1 AufenthG zugrunde.
Die Anforderungen sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Als Voraussetzung für die Aufnahme über die Landesaufnahmeprogramme mit Verpflichtungserklärung gilt jedoch generell, dass vorwiegend Syrerinnen und Syrer einreisen können, die in Deutschland lebende Verwandte ersten und zweiten Grades haben. Die Verwandten verpflichten sich, den Lebensunterhalt der Einreisenden zu tragen und geben dafür eine sogenannte Verpflichtungserklärung ab. Mit Inkrafttreten des Integrationsgesetzes am 6. August 2016 wurde die Dauer für diese Verpflichtung auf maximal fünf Jahre begrenzt.
Weiterhin gab und gibt es Landesaufnahmeprogramme, die Einreisen ohne die Abgabe einer Verpflichtungserklärung von Verwandten ermöglichen. Beispiele für diese Form der Landesaufnahme sind das Landesaufnahmeprogramm Schleswig-Holsteins sowie die Aufnahme von 1.000 besonders schutzbedürftigen Frauen und Kindern aus dem Nordirak nach Baden-Württemberg, die im Jahr 2014 angestoßen wurde.
Wie läuft die Aufnahme über ein Landesprogramm generell ab?
Aus den verschiedenen Formen der Landesaufnahmeprogramme leiten sich jeweils unterschiedliche Verfahrenswege ab. Bei Landesaufnahmeprogrammen mit Verpflichtungserklärung nehmen in der Regel die zuständigen Ausländerbehörden den Antrag sowie die Verpflichtungserklärung der antragsstellenden entgegen. Bei einer positiven Prüfung wendet sich die Ausländerbehörde an die betreffende Auslandsvertretung, die dann das Visumsverfahren sowie Sicherheitsüberprüfungen einleitet.
Bei den Aufnahmeverfahren im Rahmen von Landesaufnahmeprogrammen ohne Verpflichtungserklärung sind in der Regel auch Organisationen wie UNHCR und IOM oder andere Akteure beteiligt. So läuft die Auswahl im Landesaufnahmeprogramm Schleswig-Holsteins beispielsweise analog zur Aufnahme im regulären Resettlementprogramm ab. Bei der Landesaufnahme von 1.000 traumatisierten Jesidinnen aus dem Nordirak nach Baden-Württemberg wurde die Auswahl der begünstigten Personen durch eine eigens eingesetzte Expert_innenkommission durchgeführt.
Was sind die rechtlichen Grundlagen für die Landesprogramme?
Laut § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass Ausländern aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einvernehmens mit dem Bundesministerium des Innern.
Aufenthalt: Personen, die über ein LAP nach Deutschland einreisen, erhalten einen ein- bis zweijährigen Aufenthaltstitel nach § 23 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz.
Sozialleistungen: Im Falle der Einreise über Verpflichtungserklärungen sind jegliche Kosten, die nicht explizit in den Landesaufnahmeanordnungen von der Verpflichtung ausgenommen sind, von den Verpflichtungsgebenden, also in vielen Fällen den Angehörigen, zu tragen. Insbesondere sind es Kosten für ausreichenden Wohnraum, die Lebenshaltung und sonstige wirtschaftliche oder soziale Aufwendungen. Mit Inkrafttreten des Integrationsgesetzes am 6. August 2016 wurde die Dauer für diese Verpflichtung auf maximal fünf Jahre begrenzt. Bei Landesaufnahmeprogrammen ohne Verpflichtungserklärung, wie beispielsweise in Schleswig-Holstein, sind die aufgenommenen Flüchtlinge nach § 1 Abs. 1 Nr. 3a AsylblG leistungsberechtigt.
Arbeit: Der Aufenthaltstitel berechtigt generell nicht zur Erwerbstätigkeit. Die Aufenthaltanordnung kann aber vorsehen, dass eine Erwerbstätigkeit erlaubt ist oder erlaubt werden kann.
Wohnsitz: Personen, die über ein Landesaufnahmeprogramm einreisen, erhalten nach § 12a AufenthG eine Wohnsitzauflage. Bei Personen, die über Programme mit Verpflichtungserklärung einreisen, gilt die Wohnsitzauflage für das Bundesland oder den Landkreis ihrer Verwandten. Die Wohnsitzauflagen können aufgehoben werden, wenn einer Beschäftigung nachgegangen wird und keine Sozialleistungen mehr bezogen werden.
Familie: Personen, die über Landesaufnahmeprogramme einreisen, haben keinen Anspruch auf Familiennachzug. Sie können den Nachzug ihrer Angehörigen gemäß § 29 Abs. 3 AufenthG beantragen, müssen hierfür aber den Lebensunterhalt der gesamten Familie in Deutschland sicherstellen und ausreichend Wohnraum nachweisen. Zudem darf der Familiennachzug nur erfolgen, wenn humanitäre und völkerrechtliche Gründe vorliegen.
Integration: Die Personen haben keinen Anspruch auf einen Integrationskurs. Sie können an einem Integrationskurs teilnehmen, sofern Plätze frei sind und sie selbst die Kosten dafür tragen.
Zum Weiterlesen:
- Aktuelles: Verpflichtungserklärung wird auf fünf Jahre begrenzt
- GGUA Flüchtlingshilfe zu Krankenversorgung bei Landesaufnahmeprogrammen
- Studie zu Humanitärer Aufnahme des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration
- Übersicht_Flüchtlingsgruppen__Rechtsstellung_und_Status nach Inkraftreten des Integrationsgesetzes_Stand 25.08.2016_NDS Minnisterium für Inneres und Sport