Kenia

Das Ostafrikanische Land Kenia, das am indischen Ozean liegt, grenzt an die Staaten Somalia, Äthiopien, Südsudan, Uganda und Tansania. Die Bevölkerungszahl des beliebten Urlaubsziels beträgt ca. 51 Millionen. Die Hauptstadt und mit 4,4 Millionen Einwohner_innen die größte Stadt des Landes ist Nairobi. Kenia, dessen Amtssprachen Kiswahili und Englisch sind, erlangte seine Unabhängigkeit im Jahr 1963.

In Kenia leben ca. 42 verschiedene ethnische Gruppen, die jeweils verschiedene Sprachen und Dialekte sprechen. Ca. 85,5 % der Bevölkerung sind Christ_innen. Mit 10,9% Muslim_innen im Land zählt der Islam als zweitgrößte Religion. Andere in Kenia praktizierte Glaubensrichtungen sind Baha’i, Buddhismus, Hinduismus und traditionelle Religionen. Im Index der menschlichen Entwicklung, einem Wohlstandsindikator der Staaten berechnet von den Vereinten Nationen, liegt Kenia aktuell auf Platz 147 von 189 Ländern. Der Index berücksichtigt u. a. das Bruttoinlandsprodukt sowie die Lebenserwartung, die in Kenia bei 66,34 Jahren liegt.

Die Situation Geflüchteter in Kenia

Schon seit vielen Jahren zählt Kenia als Herkunfts-, Transit- und Zielland für verschiedene Formen der Migration. Die relative politische Stabilität in der Region und die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit des Landes führten dazu, dass Kenia seit den frühen 1960er Jahren immer wieder Flüchtlinge aufnahm. Die Flüchtlingspolitik des Landes ist dabei grob in drei verschiedene Phasen zu trennen.

Kenia nahm ab den 1960er Jahren zunächst hauptsächlich Flüchtlinge aus Äthiopien, Uganda und Somalia auf. Diese konnten sich faktisch frei bewegen und ohne Einschränkungen Arbeit aufnehmen. Ein Flüchtlingsrecht existierte durch das Inkrafttreten des Immigration Acts erst ab 1967. Dieser regelte jedoch ausschließlich die Definition, Ankunft und die Ansiedlung Geflüchteter. Im Jahr 1966 ratifizierte Kenia die Genfer Flüchtlingskonvention. Da diese nach geltendem Recht zunächst in nationales Recht umgesetzt werden musste, bestätigte Kenia die Verpflichtung internationaler Flüchtlingskonventionen erst durch den Refugees Act von 2006.

Aufgrund von Bürgerkriegen in Äthiopien, Somalia, Burundi, Ruanda, dem Sudan und der Demokratischen Republik Kongo nahm die Zahl an Flüchtlingen in Kenia in den frühen 1990er Jahren stark zu. Dies hatte u. a. zur Folge, dass die kenianische Regierung UNHCR die direkte Arbeit mit Flüchtlingen überlies. Weiterhin wurde die „Lagerpolitik“ (Encampment policy) eingeführt, die Flüchtlinge an Camps bindet. Weiterhin wurden die großen Flüchtlingslager Dadaab und Kakuma gegründet. Die Regierung hielt die Aufnahme vieler Flüchtlinge für temporär und auch die öffentliche Wahrnehmung gegenüber Flüchtlingen änderte sich. Oft wurden sie nun als wirtschaftliche Belastung wahrgenommen.

Im Jahr 2007 trat der Refugees Act von 2006 in Kraft. Dieser definierte u. a. zum ersten Mal den Flüchtlingsstatus und etablierte eine Institution, die Flüchtlingsangelegenheiten im Land regelt. Der Refugees Act erlaubt Flüchtlingen die Erwerbstätigkeit. Eine Arbeitserlaubnis kann allerdings nur in Nairobi ausgestellt werden. Folglich ist Flüchtlingen, die keine besondere Reiseerlaubnis erhalten, diese Möglichkeit verwehrt.

Heute (Stand 30.06.2020) leben in Kenia laut UNHCR insgesamt 494.921 Flüchtlinge und Asylbewerber_innen. Die meisten befinden sich in den großen Flüchtlingscamps Dadaab (217.516 Personen) und Kakuma (196.645 Personen). 80.760 Personen leben als sogenannte „urban refugees“ außerhalb der Camps in Städten. 265.933 der Flüchtlinge und Asylbewerber_innen in Kenia kommen aus Somalia, 122.371 aus dem Südsudan, 44.636 aus der Demokratischen Republik Kongo und 28.795 aus Äthiopien.

Viele der Geflüchteten, die in den Camps leben, befinden sich in sogenannten Protracted Refugee Situations. Sie leben seit vielen Jahren in Flüchtlingscamps in Kenia. Weder besteht die Möglichkeit der Rückkehr noch die der Integration in Kenia. Laut UNHCR bestehen in den Camps zahlreiche Herausforderungen für Flüchtlinge. Die Möglichkeiten der Bereitstellung von Grundbedürfnissen für Flüchtlinge seien begrenzt. Der Mangel an Stromversorgung sorge dafür, dass sich vulnerable Flüchtlinge auf der Suche nach Feuerholz außerhalb des Camps immer wieder in Gefahr begeben müssen. Dies führe außerdem zu Konflikten mit der Aufnahmegesellschaft.

Auch die Situation der Flüchtlinge, die in Städten leben, ist oft herausfordernd. Ab 2011 setzte die kenianische Regierung die Möglichkeit der Flüchtlingsregistrierung in Nairobi immer wieder aus. 2014 wurde es eine Straftat als Flüchtling ohne offizielle Erlaubnis außerhalb der Camps Dadaab und Kakuma zu leben. Probleme oder Verzögerungen bei der Ausstellung von Dokumenten führen immer wieder zu Folgeproblemen wie eingeschränkten Zugang zu lebensnotwendigen Leistungen, Probleme bei der Arbeitsaufnahme, Einschränkungen der Bewegungsfreiheit oder Schikanierungen durch die Polizei.

Der Zugang zu dauerhaften Lösungen (sog. durable solutions), also der Integration in Kenia, freiwilligen Rückkehr und Resettlement sind begrenzt. Durch die „Lagerpolitik“ und Maßnahmen, die die Bewegungsfreiheit von Flüchtlingen einschränken, ist die lokale Integration für Flüchtlinge die in Camps leben, nahezu unmöglich. Auch die sog. „urban refugees“ sind in ihrer lokalen Integration vor große Herausforderungen gestellt. Vor dem Hintergrund der Ankündigungen der kenianischen Regierung im Jahr 2016 und 2019 Dadaab zu schließen und eines Programmes zur freiwilligen Rückkehr für Somalis unterstützt durch UNHCR und die Regierungen von Kenia und Somalia traten seit 2014 ca. 84.000 Somalis die Rückkehr nach Somalia an. Aufgrund von Dürren, der anhaltenden Konflikte  sowie einer Verschlechterung der humanitären Situation in Somalia kehrten jedoch viele Somalis zurück nach Kenia.

Resettlement aus Kenia

Für das Jahr 2019 schätzte UNHCR den Resettlementbedarf in Kenia auf 47.000 Personen. Insgesamt wurden 2.221 Personen unterschiedlicher Staatsangehörigkeit in verschiedene Aufnahmeländer umgesiedelt.

Im Global Resettlement needs report für 2021 schätzt UNHCR den Resettlementbedarf in Kenia auf 16.455 Fällen und 46.607 Personen ein.

Mit der Aufnahmeanordnung vom 21. Februar 2020 legte Deutschland Kenia zum ersten Mal als eines der Erstzufluchtsländer für das deutsche Resettlementprogramm fest.

Protracted Refugee Situations

UNHCR definiert Protracted Refugee Situations (zu Deutsch: langanhaltende Fluchtsituationen) als Situationen, in denen mindestens 25.0000 Flüchtlinge aus einem Herkunftsland für mehr als fünf aufeinanderfolgende Jahre im Exil in einem Aufnahmeland leben. Diesen Personen ist sowohl die Rückkehr in das Heimatland als auch die Integration im Zufluchtsland verwehrt.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass ganze Familien ein Leben lang in Flüchtlingscamps verbringen. In Pakistan und dem Iran lebten in den vergangenen 40 Jahren ca. 2,4 Millionen Afghanische Flüchtlinge in Camps.

Flüchtlinge in Protracted Refugee Situations erleben oft signifikante Einschränkungen ihrer Rechte, z.B. bezüglich ihrer Bewegungsfreiheit, legaler Beschäftigungsmöglichkeiten, Zugang zu Land und dem Rechtssystem. Für Kinder kann sich auch der Zugang zu Bildung schwierig gestalten.

Es wird geschätzt, dass sich Ende 2019 ca. 15,7 Millionen Flüchtlinge in Protracted Refugee Situations in 32 Aufnahmeländern befanden. Insgesamt gab es laut UNHCR 51 dieser sog. Protracted Refugee Situations. Beispiele hierfür sind die Situationen von Afghan_innen in Pakistan und dem Iran, Sudanes_innen in Uganda sowie Südsudanes_innen und Somalis in Kenia.